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2. Juli Entweder mußten wir Århus bereits um 8.02 mit dem Zug verlassen, oder erst um 12.17. Um einen guten langen Abend zu haben, an dem Milloup sich entspannen konnte, um für die Schweißprüfung am nächsten Tag so gut wie möglich vorbereitet zu sein, wählte ich die frühe Abfahrt. Herr Schwartz hatte mir vor der Prüfung mitgeteilt, erstens daß das Wetter in Berlin sehr warm war, und zweitens daß es im Prüfungsrevier Berlin-Tegel sogar sehr viele Sauen gab. Da wir bei uns in Dänemark keine Sauen haben, hätten wir uns nicht - wie sonst vorgeschlagen - auf die Begegnung mit dieser Wildart vorbereiten können. Das abschliessende Training zwei Wochen vor der Prüfung war aber jedenfals über alles Erwarten gut verlaufen. Bei der Gelegenheit hatte Milloup ohne Fehler eine Fährte von 72 Stunden gearbeitet, also war alles so gut, wie es sein konnte. |
Endlich wurde mir klar, daß wir in den letzten Wagen reisen sollten, und daß sich dieser Wagen so weit weg wie möglich befand. Also spurteten wir mit heraushängenden Zungen fort, um den richtigen Wagen zu erreichen - der eine ganz andere Nummer hatte, als die auf der Fahrkarte angegebenen - bevor der Zug abfuhr. Milloup wurde in seinem Reisekasten hinterlassen, während ich den Zug durchstöberte, um unseren reservierten Platz zu finden. Dieser Platz befand sich natürlich im anderen Ende des Wagens, also mußten wir uns durch Scharen von Menschen und über und herum Koffer und Taschen kämpfen. In unserem Abteil saßen bereits 4 Damen so um die 40 Jahre, und die zwei Fensterplätze waren frei. Aber sobald ich Milloups Kasten auf den Boden, meinen Rucksack auf einen Platz und ich selber auf den anderen abgestellt hatte, gab es in diesem Abteil überhaupt kein Platz mehr. Glücklicherweise waren unsere Mitreisende durchaus hundefreundlich. Sie waren vom "kleinen Waldi" - ein deutscher Kosename für Teckel, entdeckte ich später - sehr entzückt. Und die Begeisterung war unbedingt gegenseitig - besonders als die Damen ihre Butterbrotpakete öfneten - und nachher bohrte Milloup sich zwischen unseren Rucksack und die Dame auf dem Platz nebenan hin. Ich wollte ihn wegnehmen, aber das fand sie nicht nötig. Halbwegs zwischen Hamburg und Berlin fuhren wir durch einen grossen Gewitterschauer, aber als wir um 16.11 Berlin-Spandau erreichten, schien die Sonne wieder mit voller Kraft und es war sehr warm. Den Bahnhof Berlin-Spandau selber konnte ich fast nicht wiedererkennen. Als wir in August 1998 von diesem Bahnhof Berlin verliessen, war er eine große Baustelle; alles war roher Beton, Beschilderung gab es fast gar keine, die Bahnsteige waren offen, und es gab überhaupt keine Läden im Bahnhofsgebiet. Jetzt, 10 Monate später, stiegen wir aus dem Zug auf einen überdachten Bahnsteig, der mit schönen Steinfliesen belegt war. Aber Herr Schwartz war da, also mußte es trotzdem die richtige Stelle sein. In der Eingangshalle unten gab es jetzt mengenweise Läden, und Herr Schwartz und Milloup unterhielten sich, während ich einen Kiosk nach den neuesten deutschen Internetmagazinen durchstöberte. Auf dem Weg zum Auto hatte Milloup die Gelegenheit, sich zu lösen, und dann fuhren wir Richtung Schönwalde. Unterwegs erzählte mir Herr Schwartz, was er für uns arrangiert hatte, damit wir am nächsten Tag zum Prüfungsort kommen konnten. Es ergab sich, daß wir sogar sehr früh aufstehen mußten, denn die Prüfung fing bereits am 8 Uhr an, und die Teilnehmer mußten um halb 8 da sein. Wir würden von Herrn Ruttkowski, der auch bei der Prüfung mit seinem rauhhaarigen Teckel mitmachen sollte, abgeholt werden. Als wir bei Frau Wenzel in der Ackerstraße ankamen, nahm Herr Schwartz umgehend Abschied, um nach Hause zu fahren und seinen Wagen für den nächsten Tag zu laden. Denn unsere Gruppe, die Gruppe X, war es nämlich, die für die Bewirtung auf der Prüfung zuständig war, und dies bedeutete eine ganze Menge Vorbereitungen für den Vorsitzenden der Gruppe. Für Milloup wurde es ein stürmiges Wiedersehen mit dem Garten, der bereits in der Sammlung von "seinen" Gärten einverleibt worden war. Er stürzte herum, um zu sehen, ob alles wie üblich war. Mittlerweile fand Frau Wenzel den Schlüssel, und ich schlug vor, daß die Bezahlung erledigt wurde, damit ich später so wenig Geld wie möglich herumtragen mußte. |
Trotz der Hitze stöberte Milloup glücklich herum und stach die Nase in alles, was ihm interessant vorkam. Auf beiden Seiten des Weges stand das Korn hoch, und plötzlich sprang ein Reh über den Feldweg und verschwand ins Korn hinein. Es passierte alles so schnell, daß wir überhaupt nicht die Zeit hatten, um darauf zu reagieren, aber als wir die Stelle erreichten, markierte Milloup deutlich, daß hier was interessantes passiert war. Außerdem konnte man sehen, wo das Reh ins Korn hineingegangen war. |
3. Juli Ich hatte mich ein bißchen gewundert, als Herr Schwartz erzählte, wir würden bereits um halb 7 abgeholt werden, denn ich stellte mir vor, die Prüfung würde in dem Teil Berlin-Tegels stattfinden, der sich auf dem Weg nach Schönwalde befand - höchstens 15 Minuten Autofahrt von unserem Domizil entfernt. Dies war aber nicht der Fall, der Prüfungsort war auf der anderen Seite des Waldes. Und Freitag Abend rief sogar Herr Ruttkowski an, um zu sagen, wir würden bereits um 6 Uhr abfahren.. Ich wunderte mich: so groß konnte Berlin-Tegel wohl nicht sein, oder? Jedenfals war es erst 5 Uhr, als wir aus dem Bett tummelten und nach draussen gingen, um zu sehen, was die Wettergötter wohl für uns hatten. Draussen lag der Nebel dick und wollig. Außer dem Gartenzaun stand er wie eine weiße Mauer, und die großen Bäume im Nachbargarten standen wie etwas dunklere Gespenster mitten im Weißen. In aller Stille hielt ich den Daumen, daß Milloup nicht auf der Idee kommen würde, die im Nebel verborgenen Büsche anzubellen - wozu er durchaus fähig war, und um 5 Uhr an einem Samstag Morgen wäre das nicht so schneidig. Kurz vor 6 verliessen wir den Garten, und da erwartete uns bereits Herr Ruttkowski vor der Tür. Milloup wurde in seinem Kasten untergebracht, damit er nicht versuchen würde, sich mit Unkas, dem Rauhhaarrüden des Herrn Ruttkowski, zu streiten. Und dann fuhren wir ab auf eine Fahrt, die - wie es sich ergab - sehr viel länger war, als ich mir überhaupt hätte vorstellen können. Zuerst fuhren wir nordwärts, weit in die ehemalige DDR hinein. Dann ostwärts, und endlich südwärts auf eine Autobahn durch das Gebiet Tegel - denn es gibt nur sehr wenig Straßen, die das Gebiet in Richtung west-ost durchqueren, also muß man um den Wald herumfahren. |
Leider gibt es nichts als die Nervosität vor einer Schweißprüfung, um mir den Appetit ganz wegzunehmen, also hatte ich zuerst überhaupt keine Lust was zu essen. Uns wurde gesagt, daß wir auf dieser Seite der Straße überall frei gehen konnten, die Fährten befanden sich auf der anderen Seite. Also gingen Milloup und ich mit einer Dame und ihren zwei Langhaarteckel den Waldweg entlang. Doch, der Spaziergang wurde nicht so lang, wir mußten ja um Punkt 8 Uhr wieder auf dem Parkplatz sein. Nach und nach wurde die Stimmung ernster. Die Richtergruppe war angekommen, und die Schweißprüfung wurde mit Jagdhornblasen eröffnet. Dann gab es eine Verlosung, um die Startreihenfolge zu bestimmen. 4 identische kleine Porzellansvasen mit Jagdmotiven wurden auf dem Kühler eines Autos abgestellt. Unter dem Boden stand eine Nummer, dies war die Startnummer, und nachher durften wir die kleine Vase als Andenken behalten. Wir mußten nach Katalogreihenfolge ziehen, also zog ich als dritte. Zu dem Zeitpunkt gab es noch die Möglichkeiten entweder als erste oder als letzte zu starten, und zu meiner großen Erleichterung zog ich die Nummer 1. Die Wartezeit wurde damit so kurz wie möglich werden. Ich stürzte zum Auto von Herrn Ruttkowski und fing an, Sachen aus dem Rucksack zu ziehen - Schweißleine, Milloups Bonbontüte, Wasserflasche und Eimer wurden in die Umhängetasche gestopft, und eine einzige Dosencola fand auch seinen Weg dort hinein. Und dann galoppierten wir zu den Richtern, die bereits zum nächsten Parkplatz, wo wir die Straße überqueren mußten, um zur Fährte zu kommen, unterwegs waren. Der Fährtemacher verschwand, um das Stück auszubringen, und ich öffnete die Cola. Doch, ich bekam nur einen einzigen Schluck, dann war der Fährtenleger wieder da - die Stunde der Wahrheit war gekommen. Eine der Damen in der Richtergruppe, die von 2 Damen und 3 Herren bestand, bot sich an, meine Cola zu halten, und wir folgten dem Fährtenleger. Auf der anderen Seite der Straße schaute ich herum und stellte fest, das Gelände sah wie eine gut zertrampelte Ausgabe eines dänischen Buchenwaldes aus. Für den zertrampelten Look waren die vielen Sauen im Gebiet zuständig. Der Fährtenleger zeigte uns die Anschußstelle und die Fluchtrichtung, und Milloup startete umgehend. Kurz nach dem Start bekam ich jedoch den Eindruck, der Milloup befand sich wohl nicht genau auf der Fährte. Es war als ob er sich die Straße mehr und mehr näherte, statt mit der Straße parallel zu gehen. Sein Arbeitstempo war auch nicht hervorragend, tatsächlich war es eher langsam und zögernd. Ich habe nur ein Mal zuvor den Milloup auf einer Schweißprüfung so schlecht arbeiten gesehen. Das war im Monat Juni 1997, und die Bedingungen waren dieselben wie hier - mitten in einer Hitzewelle. Bei der Gelegenheit wurde das Resultat nach 1½ Stunden auf der Fährte einen 3. Preis, und ich hoffte noch, daß wir uns mit ein bißchen Glück durch die Fährte schleppen und damit die Ehre retten konnten. Endlich erreichten wir den ersten Haken und Wundbetten. Der Hauptrichter inspizierte den Wundbetten und stellte fest, daß die Ameisen im Spiel gewesen waren - tatsächlich gab es überhaupt kein Blut zu sehen. Nach dem Haken verschlechterte sich die Lage noch mehr. Milloup lief in Schnörkeln um die Fährte herum mit mir an der Leine hinterher hängend. Wir wurden zur Fährte zurückgeholt, und die Richtung wurde angegeben. Langsam ging es wieder vorwärts, aber es gab viele andere interessante Dinge, die unbedingt untersucht werden mußten, also ging es kreuz und quer. Und dann passierte es, daß Milloup direkt durch den nächsten Wundbetten ging und weiter eine Hügel hinunter. Zu dem Zeitpunkt war ich eher dazu bereit, nach Hause zu gehen, um mich für meinen Hund zu schämen. Die Fährte wurde uns wieder angezeigt, ich mißverstand den Fährtenleger und war dabei, den Milloup von der Fährte wegzuziehen, als er endlich die Fährte aufnahm (und hatte jetzt auch Grund dazu, mich für mich selber zu schämen..). |
Berliner Reisetagebuch 1999, 2. Teil
Aktualisiert am 12-8-03 |